Kinotechnik als Hobby
Casablanca - Die Fälschung  .
Wie Filme manipuliert werden können


Wer heute den Film Casablanca von Michael Curtiz aus dem Jahre 1942 sieht: Sei`s im Fernsehen, auf Video, im großen Kino oder vielleicht als glücklicher Filmsammler mit eigener Kopie im Heimkino, der ahnt nicht in welch` verstümmelter, rigoros verfälschter Form der Film bei seiner Erstaufführung in Deutschland im Jahre 1952 in die Kinos kam.

Die deutsche Dependance von Warner Brothers entstellte eine Produktion, die zur Legende wurde. Man entfernte sämtlichen politischen Bezüge. In der Adenauer-Ära war es geradezu verpönt sich mit der jüngsten Geschichte zu befassen und den Namen Hitler und Drittes Reich zu erwähnen. Bei Warner hieß es : "Es ist die Geschichte am Rande eines großen Krieges, die aufzeigt, daß es immer noch menschliche Hilfsbereitschaft inmitten entfesselter Selbstsucht gibt".

Der Verleih kürzte die Originalfassung von 102 Minuten - Im Jahre 1944 mit drei Oscars ausgezeichnet - um 24 Minuten. Er veränderte die Dialoge und verfälschte den Bildschnitt. "Der friedliebende norwegische Wissenschaftler Victor Larssen hat Delta Strahlen erfunden, die als Mordwaffe verwendet werden könnten. Deshalb wurde der Professor in einem unbekannten Land zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihm gelang die Flucht aus dem Gefängnis. In dieser absurden Form startete der Film am 29.August 1952 in Deutschland. "Wir Deutsche müssen uns an jedes Klima gewöhnen. Von Rußland bis zur Sahara". Der Triumpf der Marseillaise über die Wacht am Rhein fällt dem Schnitt zum Opfer. Keine Spur, daß Major Strasser die Emigranten an der Ausreise nach Lissabon hindern will. Major Strasser (Conrad Veidt) huscht nur einmal durchs Bild. Der tschechische Widerstandskämpfer Victor Laszlo (Paul Henreid), der nur mit Mühe dem deutschen KZ entkommen ist, wird als norwegischer Atomprofessor präsentiert. Das Wort Nazi fällt kein einziges Mal. Auch von der Sequenz im großen Flugplatzfinale sind Teile entfernt worden. Der Schurke will den Abflug von Victor Larssen stoppen.

Erst Jahre später gab es im Fernsehen wieder eine vollständig restaurierte Fassung, so wie wir sie heute kennen. "Major Strasser ist erschossen worden. Verhaften Sie die Üblichen Verdächtigen". Das erklärt Capitaine Renault (Claude Rains) seinen Gendarmen. Das ist eine der letzten Szenen , die wir alle lieben. Übrigens : Ein ähnliches Schicksal erlitt der Film Notorius von Alfred Hitchcock . Hier wurden deutsche Geschäftsleute die Uranerz für ein deutsches Atomprogramm beschaffen wollten einfach zu tumben Rauschgifthändlern umfunktioniert. Glücklicherweise wurde auch dieser Film in seiner ursprünglichen Fassung wieder hergestellt und gehört heute zum ständigen Repertoire des Fernsehens unter seinem Originaltitel Notorius und wird nicht fälschlich als Weisses Gift angekündigt.

Quelle: HK Privatarchiv Juni 2000

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