Kinotechnik als Hobby
Nitrofilm - Flammendes Inferno  .
Der Nitrofilm, eine Gefahr für Haus und Hof ?


Alarm - Die Feuerwehr rückt aus, es brennt im Edison Pavillon auf der Berliner Gewerbeausstellung. Das war am 16. September 1896. Es war der erste Filmbrand der Filmgeschichte. Die um halb fünf beginnende Vorstellung der " Lebenden Photographien " war im besten Gange , da verspürte der Mann am Eingang einen brenzeligen Geruch und unerklärliche Wärme. Er wandte sich um und da sah er schon durch eine in der hinteren Wand befindliche Öffnung eine Flamme. Der französische Mechaniker der den Apparat bediente, hatte sich schon bei den vergeblichen Löschversuchen die Hände verbrannt. Der Mann am Ausgang riss die Vorhänge an den Türen zurück und rief dem Publikum zu "Bitte bewahren Sie Ruhe, es brennt, verlassen Sie sofort den Pavillon". Ohne den geringsten Unfall gelangte das Publikum ins Freie. Der Pavillon allerdings brannte vollständig ab, doch konnte man wenigstens die Apparate retten. Aus den "Ausstellungs Nachrichten" war zu erfahren, daß aus der zum Apparat gehörenden elektrischen Bogenlampe ein glühender Kohlestift herausfiel und in den unteren Kasten sank in dem sich die langen Kollodiumbänder - die Filme - befanden, das Material für die "Lebenden Photographien" . Im Nu fing das Material Feuer und schon nach wenigen Minuten, kaum daß das Publikum im Freien war, schlugen die Flammen zum Dach hinaus. Der Schaden war offenbar schnell behoben, obwohl beträchtlich, denn schon für den 30.September 1896 wurden neue Vorführungen angekündigt.

Verhängnisvoller und zu seiner Zeit ebenso berühmt wie die Brandkatastrophe des Wiener Ringtheaters war der Große Brand des Film Pavillons auf dem Wohltätigkeitsbasar der Pariser Weltausstellung im Mai 1897. Einhundertvierzig Personen kamen hier ums Leben, darunter die Herzogin von Alencon, eine Schwester der Kaiserin Elisabeth von Österreich. Kein Wunder, daß damals der Film wegen seiner Gefährlichkeit in schlechten Ruf kam. Es gab noch keine Sicherheitseinrichtungen bei den Projektoren. Keine Feuerschutztrommeln , der Film wurde oben offen gerollt und lief nach erfolgter Projektion in einem ebenso offenen Wäschekorb. Begann nun der Film im Bildfenster unter der großen Hitze der Bogenlampe zu brennen, so schlug die Flamme sofort nach oben und ergriff die ganze Rolle, die abgebrannten Teile fielen nach unten in den Wäschekorb, der Vorführraum war nur noch ein flammendes Inferno. Im Laufe der Zeit wurden an den Projektoren vielerlei Feuerschutzeinrichtungen angebracht und der Vorführraum brandsicher vom Zuschauerraum isoliert. Aber es blieb immer ein Restrisiko bis zur Einführung des Sicherheitsfilms.

Alle fotografischen Filme, ob es sich um Amateur, Photo oder Kinofilme handelt bestehen aus einer glasklaren durchsichtigen Unterlage, dem Schichtträger, oft auch Zelluloidband genannt. Die Rohfilmherstellung gliedert sich in zwei große Arbeitsschritte, die Herstellung des Schichtträgers und der Emulsion. Die Emulsionsherstellung erfolgt meist in völliger Dunkelheit oder bei gedämpftem rotem Licht. Zur Herstellung der Unterlage des Films wurde für den Nitrofilm und auch für den Sicherheitsfilm aus Baumwolle aufbereitete Zellulose verwendet. Beim Nitrofilm bestand die Unterlage aus Zelluloid, das in einem Nitriertopf unter Einwirkung von Schwefelsäure und Salpethersäure aus Baumwollabfällen, den sogenannten Linters gebildet wurde. Beim heutigen Sicherheitsfilm tritt an Stelle der Nitrozellulose die Azetylzellulose, die den Sicherheitsfilm schwer entflammbar macht. Bei der Herstellung des Sicherheitsfilms tritt - grob gesagt - an die Stelle der Salpethersäure die Essigsäure, die den Sicherheitsfilm die schwer brennbare Eigenschaft gibt. Nach dem umfangreichen chemischen Herstellungsprozess erfolgt das Gießen des Filmbandes, das höchste Präzision erfordert. In einem weiteren Gießvorgang erfolgt die Aufbringung der Emulsion. Anschließend wird das etwa 110 Zentimeter breite Band getrocknet, geschnitten, perforiert, aufgespult und verpackt. Heute gibt es auch noch den sehr reißfesten Polyesterfilm, der in Bezug auf Herstellung des Trägers einen ganz anderen Herstellungsweg durchläuft.
In vielen Filmarchiven stellt das Vorhandensein von umfangreichen Nitrofilmbeständen ein besonderes Problem dar. Abgesehen von der leichten Entzündbarkeit des Materials tritt das Problem der Selbstzersetzung ein, das Trägermaterial zerfällt zu einem gelben Pulver, wobei der Temperaturwert einer möglichen Selbstentzündung immer niedriger wird. Aus dieser Tatsache resultieren eine Anzahl von Großbränden in Filmarchiven bei denen auch unersätzliche Filmschätze verloren gingen. Der private Filmsammler kann den Zersetzungserscheinungen seiner Nitrobestände durch regelmäßiges Lüften der Filmbehälter, umspulen oder einfach durch gelegentliches Vorführen leichter begegnen als ein Archiv mit tausenden von Filmrollen. (Quelle:HK Privatarchiv Apr.2000)


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